Heilige Nacht? Ist ja noch ein bißchen hin, nicht? mag sich da manch einer denken ...
Aber nein – ich meine diese Nacht, die auch eine heilige ist, egal wie man sie bezeichnen mag: Halloween, die Nacht vor Allerheiligen, Samhain.
Dabei gehöre ich durchaus zu der Generation, die etwas irritiert war, als sich plötzlich das Feiern von Halloween immer mehr als „neues Brauchtum“ manifestierte. Katholisch erzogen in einer Familie, in der mehrere liebe Angehörige zu früh gegangen sind, war mir Allerheiligen, aufgeladen mit Besinnlichkeit und Andenken, immer wichtig. Und zu guter Letzt habe ich in der Begegnung mit schamanistischen Ritualen und Räucherwerk auch noch gelernt, was Samhain ist – und die so unterschiedlich erscheinenden Bräuche nahmen Gestalt und Sinn an.
Da die Heiligkeit dieser Nacht tatsächlich am einfachsten durch die Überlieferung der Jahreskreis-Feste zu erklären ist, will ich mal im Weiteren bei der Bezeichnung Samhain bleiben – zudem, da es mich davon entbindet im Allerheiligen versus Halloween-Konflikt Partei ergreifen zu müssen.
(Eine sehr schöne Übersicht der Jahreskreis-Feste hat Monika Philipp in ihrer Jahreskreis-Info zusammengestellt www.jahreskreis.info/index.html)
Was geschieht nun also an Samhain? Genau zwischen der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche und der Wintersonnwende gelegen, läutet Samhain die dunkelste Zeit des Jahres ein, ehe zur Wintersonnwende (an der wir dann Weihnachten feiern), das Licht wiedergeboren wird. Zusammen mit seinem Gegenstück, Beltane, teilte es im keltischen Jahreskreis das Jahr in eine helle und eine dunkle Hälfte. Auch Beltane, die Nacht von 30.4. auf 1.5. feiern wir immer noch – auch hier in einer Ansammlung von Überlieferungen, deren Ursprung für uns Heutige ein wenig schwer zu greifen ist, zwischen „Tanz in den Mai“ und Walpurgisnacht – und auch der 1. Mai ist, wie Allerheiligen, Feiertag geblieben. Für die Kelten begann hier, mit der dunkleren Hälfte, das Jahr – es ist also auch ein Neujahrsfest.
Ganz persönlich verbinde ich mit der Zeitqualität ein Gefühl, als wenn ein feiner Riß in der Zeit wäre. Die Tür zur Anderswelt (wie auch immer man sich die dann vorstellen mag) ist einen kleinen Spalt offen und Kontakt ist möglich. Aus dieser Gegebenheit der Zeit ergeben beide Traditionen Sinn: die von Halloween und die von Allerheiligen. Denn wenn die Anderswelt nah ist, fühlen sich Menschen immer angeregt zu Maskerade und Verkleidung – zur Dämonen-Abwehr und um sich zu entziehen. Und natürlich wird man daran erinnert, die Toten zu ehren, wenn der Kontakt zu ihnen besonders einfach ist.
Die Idee, diese offene Tür zur Anderswelt zu nutzen, steht auch im Vordergrund der Halloween-Legung – wo direkter Rat erbeten wird.
dabei ist die Bedeutung der einzelnen Kartenpositionen:
Karte 1: die gegenwärtige Situation
Diese Karte spiegelt die aktuelle Lage wider und die allgemeinen Energien in der Halloweennacht für den Betroffenen.
Karte 2: bewusste Einstellung
Diese Karte beschreibt die Gedanken des Betroffenen und was er im Moment vom Leben erwartet.
Karte 3: der Draht zur geistigen Welt
Hier werden die Energien aus der Anderswelt angezeigt, die an Halloween besonders stark sind, für die nächsten Tagen wirken und für den Betroffenen relevant sind.
Karte 4: die Potenziale
Diese Karte zeigt an, wie man die obigen Energien konstruktiv nutzen kann.
Karte 5: die unmittelbare Zukunft
Diese Karte ist eine Art Quintessenz der obigen Karten sowie als abschließender Ratschlag zu verstehen. Sie zeigt auch an, womit der Fragesteller in der November-Zeit rechnen kann.
(Legung gefunden bei Questico)
Überhaupt ist das für uns Kartenleger die schöne Seite der dunklen Tage: es sind Lostage – die Zeiten sind besonders günstig für die Divination und hoffentlich Gelegenheit zu besonders kraftvollen Legungen. So, wie insgesamt diese Jahreshälfte besondere Hellsicht verspricht: die Rauhnächte, die (jetzt groß geschriebene) Heilige Nacht, Neujahr – sie alle bringen diesen Charakter mit. Nur düsterer ist es jetzt noch, mehr aufgeladen mit Abschied und Vergehen, die ja auch so sehr ein Grundgefühl des November sind.
Aus dieser besonderen Mischung resultiert wohl, dass wir nicht eines, sondern ein bißchen von allem tun sollten: uns mit Räucherwerk zurückziehen und die Karten befragen ... die Toten ehren und ihrer gedenken ... die Friedhöfe besuchen und uns mit Werden und Vergehen auseinandersetzen ... und uns in fröhlich-grusliger Verkleidung den Dämonen stellen.
Eine Unterstützung für die richtige Mischung kann dabei das Halloween Tarot sein, das auch in fröhlichen und zugleich düsteren Bildern mit dem Schauer von Halloween spielt – viel Spaß!
(der Halloween-Tarot von Kipling West, erschienen bei US Games)